Von Badern, Barbieren und Wundärzten

Medizin und Heilkunst – aus dem Gemeindearchiv im Ahrntal

Um sich ein Bild über die medizinische Versorgung des Ahrntals in früherer Zeit machen zu können, muss man zuvor generell Einblick in die Verhältnisse der damaligen medizinischen Gegebenheiten gewinnen. In den Jahrhunderten um den Wechsel vom Mittelalter zur Neuzeit gab es in Tirol wie anderswo auch nur wenige Ärzte mit einem Hochschulstudium. Apotheken waren ebenfalls dünn gesät und meist rein städtische Einrichtungen. Vor allem die Klöster spielten bei der Errichtung der ersten „Spitäler“ und Apotheken eine wichtige Rolle. Bader, Barbiere, Wund- und Schnittärzte übten die praktische Medizin gewerbsmäßig aus: ihre Ausbildung erfolgte nach den Regeln des Handwerks und sie galten auch als Handwerker. Der angehende „Bader“ hatte die Lehrjahre und nach alter Handwerkssitte wenigstens drei Wanderjahre als Geselle zu absolvieren. 

Durchs Land ziehende Quacksalber priesen ihre Mittel an, waren aber als „Pfuscher“ wenig geachtet und von den Obrigkeiten nur ungern gesehen. Die Bevölkerung war also gewissermaßen gezwungen, sich selbst zu helfen, und so kam in jener Zeit die Volksmedizin und später auch die Volkschirurgie zu großer Blüte. Arzneien wurden aus dem uralten Wissensschatz der Volksmedizin hergestellt. Schreibkundige legten sich eigene Rezeptsammlungen an, in denen Heilmittel gegen Krankheiten von Mensch und Tier aufgezeichnet waren. Als Beispiel dafür sei das Rezeptbuch der Familie Obermair aus St. Jakob in Ahrn erwähnt, das eine Fülle von Heilkräutern nennt und deren Anwendung bei den verschiedensten Krankheiten empfiehlt. Das Rezeptbuch wurde im 18. Jahrhundert begonnen und ist heute noch in Familienbesitz. 

Aus der Tiroler Volksmedizin

Die Volksmedizin kann man nicht gleichstellen mit Naturheilverfahren, Alternativ- oder Komplementärmedizin. Vielmehr beruht die heilkundliche Vorstellung auf das überlieferte pflanzenkundliche und mineralogischen Wissen und auf abergläubische und mythisch-religiöse Vorstellungen und Erfahrungen .

Dabei wurde Krankheit als etwas Fremdes gesehen, sodass auch Geister, Dämonen und Hexen als Verursacher galten. Man begegnete ihnen mit Gegenzauber, Besprechungen, Wallfahrten ( Pest), Amuletten oder verschiedenen Heilmitteln. Einige der Heilverfahren der Volksmedizin sind noch heute geeignet, Befindlichkeitsstörungen und leichte Erkrankungen selbst zu behandeln, oder andere therapeutische Maßnahmen zu unterstützen. Große Bedeutung besitzt die Verwendung pflanzlicher Drogen, wie Tee, Tinkturen oderPflanzenextrakte.

( Quelle: Volksmedizin in Tirol)